Mitteilungen für Baedeker-Freunde, Heft 5 / 1983

Meyer's Reisebücher - Redaktion Berlepsch

aus "Ueber Land und Meer. Allgemeine Illustrierte Zeitung", N°. 42, 1866 (S. 674).

Seitdem - Dank dem Götterknaben Dampf - das "Reisen" aus der einsamen Höhe der Wagnisse, der vornehmen Passionen und der frommen Wünsche sich über die ganze zivilisierte Welt verbreitet hat, eines ihrer nothwendigsten Kulturvehikel geworden ist und kaum mehr eine Entschuldigung gefunden werden kann für Den, der nicht reist - seitdem hat auch die geschäftige Feder der literarischen Rathgeber "Schritt" mit dem gewaltigen Fortschritt des Reisens zu halten gesucht. Das langjährige Regiment des Reichardt'schen "Passagier", so monopolistisch wie die Thurn- und Taxis'schen (Gott hab' sie selig) "Eilwagen", unterwühlte erst Jahn mit seinem Reisebuch für Mittel-Europa, bis ihn und Letzteren dazu das schwere und modernere Geschütz des wackeren Bädeker über den Haufen stürzte.

Jahrzehnte wehte des Letzteren rother Faden lustig, über alte und jüngere Rivalen spottend, welche die wachsende Reiselust bevölkerte, und mit Recht galt das rothe Buch als die "Vorsehung" Aller, die sich ihm anvertrauten. Doch die Zeit forderte ihren Tribut, und nachdem Vater Bädeker seinen Stab niedergelegt hatte, mehrte sich die Zahl derer, die seinen Spuren folgten.

Einen neuen Weg aber schlugen "Meyer's Reisebücher" ein; unbekümmert um die breitgetretenen Bahnen, in denen das Reisepublikum Schritt für Schritt geleitet und gehalten wurde, wie es aus der Zeit seiner Minderjährigkeit von seiner Vormundschaft im rothen Rocke gewohnt war, stellten sich diese auf die Höhe und Volljährigkeit des Reiselebens, entschlugen sich des Tones knabenhafter Unterweisung, steckten den Reiserouten neuere und höhere Ziele und zeigten dem gebildeten Auge weitere Perspektiven, und an Stelle des trockenen Schulmeistertones verschmähten sie nicht, dem geistigen oder poetischen Eindruck auch einen frischen lebendigen Ausdruck zu verleihen. Berlepsch's Schweizerführer, womit Meyer's Reisebücher debütierten, errang bei seinem ersten Erscheinen (1862) durch Routine und wissenschaftlichen Halt, durch Präzision und Eleganz der Darstellung, von der Kartographie und Illustration auf das Reichste und Zweckmäßigste unterstützt, eine so feste Stellung - und behauptete dieselbe durch bereits vier Auflagen - daß man heute bei der Wahl eines Reisebuches für die Schweiz ausruft: Bädeker oder Berlepsch!

Und auf denselben Boden und in dieselbe Alternative haben sich alle die übrigen Bände der Meyer'schen Reisebibliothek gestellt, welche unter der bewährten Führung eines "Pionniers des modernen Reiselebens" dessen berühmten Buche gefolgt sind und die Absicht andeuten, sich über ganz Central-Europa auszudehnen. Wir erwähnen unter den vorliegenden namentlich den ersten selbständigen Theil eines auf vier Bände angelegten Reisehandbuches für Deutschland (West-, Nord-, Süddeutschland, deutsche Alpen). Klare Disposition des Routennetzes, spezielles Eingehen auf das Verkehrswesen, reichhaltiges topographisch-statistisches Material und die Vorausbeantwortung einer Menge von Fragen, die dem umsichtigen Reisenden sich aufdrängen, zeichnen dieß Buch ebenso aus, wie dasjenige, dem unser Bild gewidmet ist: "Berlepsch' Pariser Führer".

Meyer's Reisebücher - Redaktion Berlepsch
In "Mitteilungen für Baedeker-Freunde" Heft 5, S. 26-28.
(Holzminden: Ursula Hinrichsen; 1982)


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