Reisen und leben, Heft 20 / 1990

Kurt Eitner/Alex W Hinrichsen:

Die Chronologie der Baedeker von Hamburg und Schleswig-Holstein zwischen 1949 und 1983

Im Jahre 1949 erschien nach dem Stadtführer STUTTGART (für den Oskar Steinheil verantwortlich zeichnete) als erster eigenständiger Band von Karl Baedeker, Malente-Gremsmühlen, der von ihm ganz allein unter mühseligen Verhältnissen erstellte Band SCHLESWIG-HOLSTEIN in einer Auflage von 10.000 Stück. Parallel dazu hatte der Verleger die Arbeit an einem HAMBURG-Führer aufgenommen. Im Juni 1949 begann in seinem Auftrage Herr Otto Brandt mit der Bearbeitung eines Teiles zum Allgemeinen und zur Stadt (Hafen, Äußere Stadtteile, Institute), sowie der Praktischen Angaben. Am 25. August sandte dann Karl Baedeker die Druckfahnen des Teiles über Hamburg aus dem SCHLESWIG-HOLSTEIN-Manuskript an Herrn Brandt mit der Bitte, sie schnell (innerhalb von 2 Tagen) zu überlesen, um eventuelle Fehler auszumerzen. Mitte November wurden Prospekte zur Werbung für diesen Band versandt, der dann in den ersten Dezembertagen erschien, und zwar mit einem Umfang von LXXVIII7304 Seiten. Die Stadt Hamburg, die im Titel klein mit aufgeführt worden war, belegte die Seiten 157-185.

Die 1. Auflage über HAMBURG UND DIE NIEDERELBE sollte in etwa dem Umfang des STUTTGART-Bändchens (96 S.) entsprechen (siehe hierzu: Baedeker-Katalog, S. 43). Aufgrund der ersten Gliederung von Mitte 1949 zeigte sich eine große Fülle an Stoff, so daß der Band wuchs und wuchs. In der endgültigen Fassung blieb es bei 8 Abschnitten, die im Laufe der von Herrn Kurt Eitner seit Ende 1950 übernommenen Überarbeitung in sich etwas umgestellt wurden. Besonderes Augenmerk mußte auf Helgoland gerichtet werden: Der in SCHLESWIG-HOLSTEIN als "Gedenkblatt für Helgoland" überschriebene Text wurde ohne diese Überschrift von 3 auf 3 1/2 Seiten erweitert, da die Aufnahme einer regelmäßigen Schiffslinie für den Sommer 1952 in Aussicht gestellt worden war.

Nach Ablehnung eines finanziellen Zuschusses durch die Hamburger Wirtschaftsbehörde im November 1950 erhielt der Band noch einen 14seitigen Anzeigenteil; er wurde im Oktober 1951 mit 423 Seiten sowie 8 angekauften Karten und Plänen ausgeliefert. Die Erstauflage betrug 5000 Exemplare. Nachdem bereits ein ganzseitiges Bilderrätsel der "Hamburger Freien Presse" (26.5.1951) mit 30 Zeichnungen aus dem Bande das Interesse der Bevölkerung geweckt hatte, war die Originalauflage (für die auch ein vierseitiger Prospekt aufgelegt worden war) schon Anfang Dezember des gleichen Jahres abgesetzt. Ihr folgte kurzfristig ein Nachdruck von 2500 Stück auf einfacherem Papier, der aus Zeitmangel völlig unverändert blieb (Brief vom Verleger vom 1. Dezember 1951 an Herrn Otto Brandt). Im August 1953 erfolgte dann ein "Neudruck mit zahlreichen Nachträgen", die z. T. aus dem Leserkreis gekommen waren.

Die 2. Auflage von SCHLESWIG-HOLSTEIN von Oktober 1952 ist ein in einigen Textstellen berichtigter Nachdruck der 1. Auflage. Der Text über Helgoland ist auf fünf Seiten angewachsen.

Eine Neubearbeitung von HAMBURG UND DIE NIEDERELBE begann 1956. Im Februar dieses Jahres schrieb Karl Baedeker an Herrn Brandt unter Beifügung der 1953er Auflage (in vier Teile aufgeteilt und durchschossen). Dieses Exemplar enthielt Korrekturen seiner Onkel Hans Baedeker (HB) und Dr. Dietrich Baedeker (DB) aus Leipzig, die "besonders zu beherzigen " sind, wie der Verleger an Herrn Brandt bemerkte.

Bei der Bearbeitungsdauer spielten viele Faktoren eine Rolle: die Finanzierung und - so läßt es sich der Korrespondenz entnehmen - das Ringen um den Text, der gestrafft werden sollte, aber die neuen Entwicklungen im Stadtaufbau auch voll zu berücksichtigen hatte. Außerordentlich wertvoll war hierbei die selbst angebotene Mitarbeit des Ersten Baudirektors Dr. Ing. Hans Speckter, des Chefs des Hamburger Landesplanungsamtes. Die Bearbeitung des Bandes RUHRGEBIET dauerte wesentlich länger als geplant und hatte im Frühjahr 1959 absoluten Vorrang vor dem HAMBURG- und einem geplanten ROM-Band (RUHRGEBIET erschien Ende Juni 1959).

Im November 1959 schrieb Karl Baedeker, wie er sich die Weiterarbeit vorstellte, um redaktionell und finanziell alles in Einklang zu bringen:

"Den HAMBURG-Band muß ich im Verlagsprogramm so plazieren, wie es am praktischsten ist. Als Ko-Redakteure kommen für Sie (an Herrn Brandt geschrieben, Anm. d. Red.) in Frage ich selbst, Herr Eitner oder Dr. Walther Baedeker. Ich selbst bin bis Jahresende mit FRANKFURT/deutsch, FRANKFURT/englisch und mit FRANCE (Autoguide) vollauf beschäftigt, Herr Eitner arbeitet an KÖLN/deutsch und COLOGNE/englisch sowie TYROL AND SALZBURG/englisch, Dr. W. Baedeker an MÜNCHEN und NORDBAYERN. FRANKFURT muß den Vorrang haben, weil die Stadt selbst einige tausend Stück kauft und mir einen Zuschuß zu dem Band gibt. Beides ist bei HAMBURG nicht der Fall."

Anfang 1960 übernahm Herr Eitner die Redaktion,. u.a. auch der neuen Stadtpläne. Die z. T. handgeschriebenen Manuskripte mußten alle neu getippt werden. Den Fortgang der Arbeit hemmte sodann ein Autounfall am 20. August 1960, der Karl Baedeker und seine Frau zu einem zweimonatigen Krankenhausaufenthalt zwang. Im Januar 1961 bestätigt der Verleger Herrn Brandt, daß für den HAMBURG-Band "Herr Eitner der Ko-Redakteur ist, weil er sowohl Hamburg kennt als auch in unseren Redaktionsfragen durchaus zu Hause ist". Im Mai 1962 erschien dann endlich die 2. Auflage von HAMBURG UND DIE NIEDERELBE mit einem auf 381 Seiten reduzierten Umfang (u.a, wurden Winsen, Lüneburg und die Lüneburger Heide weggelassen) und mit vollständig erneuerter Kartographie (u.a. 12 Stadtpläne und 5 Umgebungskarten), die bei Schiffner in Lahr ausgeführt worden war. Im September zeigte sich, daß eine so schnelle Verkaufsquote wie bei der 1. Auflage nicht erreicht werden konnte. Immerhin waren 11 Jahre ins Land gegangen und es gab inzwischen zahlreiche Konkurrenzprodukte.

SCHLESWIG-HOLSTEIN, 3. Auflage, erschien im Dezember 1962, aus verlegerischen Gründen wurde im Vorsatz des Bandes aber 1963 als Erscheinungsjahr vordatiert.

Seit 1963 wurden die 'Kurzen Stadtführer' eingeführt (erster Band war KIEL). In dieser Reihe erschien nun im Juni 1963 in einer Auflage von 3500 Stück ein kleines Bändchen über Hamburg und die Insel Helgoland. Die Internationale Gartenbauausstellung in Hamburg wurde in einer 6seitigen losen Beilage gewürdigt. Dieser kurze Stadtführer war ein Sonderdruck aus dem Band SCHLESWIG-HOLSTEIN vom gleichen Jahre, die Beschreibung der Fahrt auf der Elbe wurde hinzugefügt. Aber noch im April 1966 waren rund 200 Exemplare des Bandes vorhanden, der heute praktisch nicht mehr zu finden ist. Der Hamburger Fachbuchhändler Götze schlug dem Verleger vor, Helgoland bei einer weiteren Auflage wegzulassen, da die Anordnung des Stoffes dem Verkauf eher hinderlich sei. So wurde im Dezember 1966 - Herr Eitner war 1964 aus dem Verlag ausgeschieden - beschlossen, die 2. Auflage des kurzen Stadtführers abzuändern und anstatt der Elbefahrt bis nach Helgoland eine Abrundung in Richtung Bergedorf - Vierlande - Aumühle und Ahrensburg vorzunehmen. Im März 1967 lieferte der Bearbeiter, Herr Brandt, das Manuskript ab, aber doch mit einer verkürzten Beschreibung der Unterelbefahrt und von Helgoland. So blieb es denn auch dabei, der Band erschien im April 1968 in einer Auflage von 5000 Stück.

Anfang der 70er Jahre wurde an eine 3. Auflage des "großen" HAMBURG-Bandes gedacht. Im Juni 1973 schickte Karl Baedeker ein aufgeklebtes Exemplar der 2. Auflage an den dazu wieder vorgesehenen Bearbeiter, Herrn Brandt. Da diese aber im Jahre 1977 immer noch lieferbar war (rund 200 Exemplare plus Planobogen) und der kurze Führer "unausgewogen" war, wurde erst 1978 mit der Bearbeitung des größeren Bandes begonnen. Dieser sollte nur 150 Seiten haben, und zwar ohne die Beschreibung der Niederelbe. Wenn auch diese 1983 erschienene 3. Auflage dann doch 265 Seiten Umfang hat (die Niederelbe und Helgoland sind nur ganz kurz erwähnt), so hat das mit der Fülle des Stoffes zu tun gehabt und mit den Vorgaben der 1. und 2. Auflage. Die Auflagenbezeichnungen sind etwas verwirrend, wenn man alle (großen und kleinen) Bände nebeneinanderlegt. Sie lassen sich aber in der Entwicklung nachvollziehen. Die im Vorwort der 3. Auflage angegebene Jahreszahl '1968' für die 2. Auflage hätte lediglich '1962' heißen müssen.

Sicher sind die Verkaufschancen der HAMBURG-Führer in den Jahren nicht gestiegen (die 2.Auflage hatte es in 16 Jahren auf 8000 verkaufte Exemplare gebracht), was auf die steigende Flut moderner Reiseführer zurückzuführen sein könnte, aber auch auf die ebenfalls 1983 erschienene 1. Auflage des Baedeker-Allianz-Reiseführers über Hamburg.

Kurt Eitner/Alex W. Hinrichsen: Die Chronologie der Baedeker von Hamburg und Schleswig-Holstein zwischen 1949 und 1983
In "Reisen und leben" Heft 20, S. 17-19.
(Holzminden: Ursula Hinrichsen; 1990)
ISSN 0936-627X


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