Reisen und leben, Heft 21 / 1991

Lesenswerte Bücher

Um nicht zu viel Theorie in diesem Heft zu präsentieren, werden nachstehend einige Werke vorgestellt, die in ihrer bunten Vielfalt in der Reiseliteratur vorhanden sind. Beginnen wollen wir mit

"Leipzig in alten und neuen Reisebeschreibungen", die Eka Donner ausgewählt hat. Über 60 Autoren - von Ulrich Groß bis Michael Mönninger kommen zu Wort. Leipzig, seit einiger Zeit mit dem Titel "Heldenstadt" versehen, war und ist ein besuchenswerter Ort. Literarische Bezüge, die Musik, die Messen, das Leben in Leipzig haben viele beredte Zeugnisse zuwege gebracht, die in diesem Buch versammelt sind. Da ist Martin Zeillers Beschreibung aus der Merian-Topographie, da ist J.S. Bach mit seiner Abhandlung "Ein theurer Orth und eine der Music wenig ergebene Obrigkeit" oder ein Auszug aus dem Meyer'schen Lexikon von 1851. Aber auch Aussagen von Franz Kafka, Joachim Ringelnatz, Heinz Maegerlein oder neueste Reportagen zum November 1989 ergeben einen Einblick in die Zeit von rund 200 Jahren eines bewegten Stadt-Lebens zwischen 1587 und 1989. Ein ausführlicher Textnachweis ermuntert zu weiteren Studien. Bibliographie: Donner, E.: Leipzig in alten und neuen Reisebeschreibungen. 319 S., mit Abbildungen. Droste-Verlag, Düsseldorf 1990. DM 39,80.

Dazu paßt der "Tourist-Führer Literatur, Dichter, Stätten, Epochen", zusammengestellt von Herbert Greiner-Mai, Wolfgang Schneider und Horst H. Müller. Ortsalphabetisch sind die Hinweise aufgeführt. Unter Rheinsberg ist Theodor Fontane und Kurt Tucholsky zu finden, im Personenregister lassen sich alle Hinweisorte nachschlagen. Karten ergänzen die Hinweise mit den eingetragenen Orten, die im Text beschrieben sind. Namen bekannter Reisender sind Otto Julius Bierbaum, Gottfried August Bürger, Joachim Heinrich Campe, Johann Gottfried Seume, um nur einige zu nennen. Große Treffpunkte wie Weimar oder Leipzig stehen neben kleinen Orten, wie der Geburtsort Nietzsches, Röcken. Ein nutzbarer Führer. Bibliographie: Greiner-Mai, H. (zus. mit Schneider, W./Müller, H.H): Tourist-Führer Literatur, Dichter, Stätten, Episoden. 278 S., mit vielen Abbildungen und Kartenanhang. Ernst Klett-Verlag, Stuttgart 1988 (2. Auflage des bei Tourist-Verlag erschienenen Bandes). DM 28,-.

In Heft 20 wurde von der Eutiner Tagung berichtet. Dabei wurde auf einen neuen Katalog hingewiesen, der die Bestände an Reiseliteratur aus dieser Bibliothek erfaßt. Wir hoffen, im nächsten Heft eine ausführliche Inhaltsangabe machen zu können. Zuvor darf aber auf den schon 1989 veröffentlichten Katalog der Osteuropa-Bestände der Eutiner Landesbibliothek hingewiesen werden. Auf knapp 30 Seiten sind von Peter Nitsche und Silke Stender die Bestände bibliographisch erfaßt und jeweils mit den Titeleien abgebildet.

501 ausführliche Angaben ermöglichen zusammen mit dem Titelbild die schnelle Verifizierung einzelner Werke. Der Katalog 1 der Eutiner Landesbibliothek läßt die Schätze nicht nur Revue passieren, sondern ist als Standardnachschlagewerk unentbehrlich für alle Arbeiten, die sich mit Osteuropa auseinandersetzen. Zahlreiche Reisebeschreibungen, Landesbeschreibungen und Werke zur Geographie sind eingeschlossen; über Rußland sind 32 Reisebeschreibungen verzeichnet, länderübergreifend noch einmal acht. Dazu kommen viele Teilberichte in anderen Rubriken. Ein Personen-, Titel- und ein geographisches Register erschließen den hervorragend gestalteten Katalog. Bibliographie: Nitsche, P./Stender, S. (Hrsg.): die Osteuropa-Bestände der Eutiner Landesbibliothek Kat. Nr. 1 der Eutiner Landesbibliothek, hrsg. im Auftrag der Stiftung zur Förderung der Kultur und der Erwachsenenbildung in Ostholstein). 296 S., Westholsteinische Verlagsanstalt Boyens & Co., Heide 1989. DM 80,-.

Berliner Wohnquartiere

Für Architektur- und Siedlungsfans hat der Reimer-Verlag einen weiteren Führer herausgebracht. 40 Siedlungen in Berlin werden chronologisch nach den Bauphasen vorgestellt. Der Dokumentation der Siedlungen wird ein geschichtlicher Überblick vorangestellt. Die Bebauung der Villenvororte wie Groß-Lichterfelde von 1866-1900, Westend (1868- 1905) oder die Berliner Mietshausbebauung zwischen 1860 und 1913 sind heute längst Stadtgeschichte geworden, die sogar in Reiseführern ihren Niederschlag gefunden haben. Aber auch die neuen Siedlungsbauten bis in die jüngste Zeit werden beschrieben. Stadtgeschichte ist oft Häusergeschichte; ein Vergleich der Stadtpläne über einen längeren Zeitraum hinweg zeigt das. Ein spannender stadtgeschichtlicher Führer, wie ein Vergleich beim Tempelhofer Feld zeigt. In den alten Baedekern noch als Exerzierplatz ausgewiesen, ist dieses Gelände nach und nach bebaut worden. 1920 entwarf Bräuning einen weiteren Bebauungsplan, der in dem hier vorgestellten Führer enthalten ist. Auf S. 70 des Baedekers Berlin von 1936 wird diese Siedlung zitiert.

Bibliographie: Berning, M./Braum, M./Lütke-Daldrup, E.: Berliner Wohnquartiere. Ein Führer durch 40 Siedlungen, mit einem Vorwort von H. Bodenschatz. 252 S./3 nn. BI., Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1990. DM 38,-.

Anläßlich des 4. BAEDEKER-Symposiums hielt Gabriele M. Knoll einen Vortrag über die touristische Entwicklung Kölns, die sie in einer Promotionsarbeit erarbeitet hatte. Nun liegt der erste moderne Reiseführer dieser Autorin vor, und zwar "Der Niederrhein" in der Reihe der DuMont Kunst-Reiseführer. Vorangegangen war z.B. die Erstellung eines Stadtführers von Xanten/Niederrhein. Der Niederrhein zwischen Düsseldorf und Emmerich wird straff gegliedert dem Reisenden bzw. dem Lesenden dargestellt. Beim ersten Durchblättern fällt auf, daß dieser Band kein reiner Kunstführer ist, sondern daß die gewachsene Kultur umfassend dargestellt wird. Dazu gehören auch Industrieentwicklungen bis hin zum modernen Kraftwerk. Unter dem Stichwort "Der Mensch gestaltet die Landschaft" wird der Leser in die Besiedlungsgeschichte eingeführt, und zwar mit ausgewählten Begriffen ("Preußisches Prelude", "französisches Intermezzo"). Rhein und Ruhr waren in früheren Reiseführern oft ein nicht zu überbrückender Gegensatz, hier werden einige gemeinsame Hinweise punktuell dargestellt, wobei das Abschweifen in das Ruhrgebiet sehr gering ist. Der frühere verkehrstechnische Drang, sich nicht nur entlang der Rheinschiene zu bewegen, sondern das Ruhrgebiet mit anzuschließen, wird hier wenig deutlich. Das soll aber keine Herabsetzung der vorzüglichen Arbeit von Frau Knoll sein, die es versteht, aus der geschichtlichen Entwicklung heraus das Sichtbare (Kirchen, Siedlungen, Häuser, Straßenpläne) darzustellen. Es darf noch einmal wiederholt werden, daß diese Region in der Vielschichtigkeit vorgestellt wird, wie auch das Kapitel über die Textilindustrie (S. 265 ff.) zeigt. Diese Grundlage des menschlichen Wirkens im Industriezeitalter durfte nicht fehlen, dazu gehören aber Kenntnisse, wie sie hier vermittelt werden. Zukünftigen Lesern und Nutzern darf empfohlen werden, zuerst den Schlußabschnitt "Niederrheinische Spezialitäten" zu lesen, um sich dann die einzelnen Teillandschaften vorzunehmen.

Bibliographie: Knoll, G.M.: Der Niederrhein. Landschaft, Geschichte und Kultur am unteren Rhein. 390 S., mit vielen s/w- und Farbabbildungen. DuMont Buchverlag, Köln 1990. DM 39,80.

Vor einigen Jahren wurde die Weserrenaissance-Straße als touristische Straßenbezeichnung ins Leben gerufen. Dazu erschien auch ein großformatiges Werk, das die Kulturgeschichte als Baugeschichte dieser speziellen Renaissance beschreibt. G. Ulrich Großmann, Direktor des Weserrenaissance-Museums Brake bei Lemgo, verfaßte "Renaissance entlang der Weser" als Erläuterung der baulichen Entwicklung von Schlössern, Patrizierhäusern, Bürger- und Bauernhäusern zwischen Kassel und Bremen, Osnabrück und Braunschweig. Dieser Schätze ist man heute wieder mehr bewußt geworden als eigenständige Charakterisierung einer Zeit, die ihre Blüte von der Mitte des 16. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts- hatte. Dabei fallen Ortsnamen wie Hameln, Hann. Münden genauso wie Paderborn, Höxter oder Lemgo. Es ist das Verdienst dieses Buches, nicht nur anhand von großen Abbildungen einzelne Bauwerke aufzuzeigen, sondern im Detail dem Laien verständlich Hinweise zu den Besonderheiten der Weserrenaissance zu geben. Da das Format nicht für die Mitnahme auf der Reise geeignet ist, sollte vorher das zu Besuchende darin genauer angesehen werden, um mit offenen Augen dann am Original nachvollziehen zu können. Ausführliche Register erschließen das Werk.

Bibliographie: Großmann, GU: Renaissance entlang der Weser. Kunst und Kultur in Nordwestdeutschland zwischen Reformation und Dreißigjährigem Krieg, mit einem Beitrag von José Kastler. 199 S. mit vielen Abbildungen, Skizzen und Karte, Leinen, Schutzumschlag. DuMont Buchverlag, Köln 1989. DM 68,-.

Lesenswerte Bücher
In "Reisen und leben" Heft 21, S. 39-41.
(Holzminden: Ursula Hinrichsen; 1991)
ISSN 0936-627X


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