Reisen und leben, Heft 22 / 1991

Wilhelm Tausche

Werbeplakate für die österreichischen Alpenbahnen

Die nach der Jahrhundertwende mit großem Aufwand erbauten Alpenbahnen (Pyhrnbahn, Tauernbahn, Wocheinerbahn und Karawankenbahn) erschlossen zahlreiche neue Erholungsgebiete und ermöglichten innerhalb des mitteleuropäischen Schienennetzes kürzere und schnellere Verbindungen im Vergleich zu bereits bestehenden Bahnlinien. Um das in- und ausländische Publikum für die neuen Reisewege zu gewinnen, ließen die k.k. Staatsbahnen entsprechende Werbeplakate drucken. Mit den Entwürfen hierzu beauftragte man die Wienere Künstler Otto Barth und Gustav Jahn. Die beiden hatten schon einen bekannten Namen als begabte Maler alpiner Bücher und Zeitschriften. Gustav Jahn schuf auch die großflächigen Alpenansichten in den Wartesälen des 1945 zerstörten Wiener Westbahnhofes.

Plakate zählen bekanntlich zu jenen kurzlebigen Druckerzeugnissen, die weggeworfen werden, sobald sie nicht mehr aktuell sind. Die im Freien ausgehängten Exemplare fallen ohnehin früher oder später den Unbilden des Wetters zum Opfer. Es ist daher häufig nur dem Zufall zu verdanken, wenn sie in Museen oder privaten Sammlungen der Nachwelt erhalten bleiben. Für Recherchen nach historischen Eisenbahnplakaten wäre das Österreichische Eisenbahnmuseum vermeintlich am besten geeignet. Leider ist das ein Trugschluß, denn dort konnte oder wollte man keinen Hinweis zu diesem Thema geben. Sehr hilfsbereit und aufgeschlossen war hingegen das Personal in der Plakatsammlung des Museums für angewandte Kunst. Eine sorgfältig angelegte Kartei informiert über den umfangreichen Bestand und erleichtert die Suche nach bestimmten Künstlernamen oder Sachgebieten. Es sind u.a. folgende Werbeplakate der k.k. Staatsbahnen vorhanden:

Wocheinerbahn (Veldeser See, Inventar-Nr. 733 und Isonzotal bei Canale, Inventar-Nr. 734), ferner Karawankenbahn (Bergmassiv im Bodental, Inventar-Nr. 6845). Auf diesen drei Plakaten, die nach Entwürfen von Otto Barth gedruckt wurden, sind keine Bahntrassen oder Züge abgebildet. Das von Gustav Jahn entworfene Werbeplakat für die Tauernbahn zeigt einen Zug auf der Angertalbrücke (Inventar-Nr. 6843). Bei allen Plakaten ist eine kleine Kartenskizze eingearbeitet, die Aufschluß über die Lage der Alpenbahnen innerhalb des nationalen und internationalen Eisenbahnnetzes gibt. Die Texte sind in deutscher, englischer oder französischer Sprache abgefaßt, den Druck besorgten die k.k. Hof- und Staatsdruckerei und die Wiener Firma Christoph Reisser's Söhne.

Das hier abgedruckte, von Otto Barth entworfene Plakat "Train direct Paris - Triest" stammt aus der Privatsammlung Jürgen Klein in Mönchengladbach. Im Mittelpunkt des Plakates steht ein Motiv von der Tauernbahn, ergänzt durch zwei kleine Ansichten von Triest und den ägyptischen Pyramiden. Eine Kartenskizze mit der Reiseroute Paris-München- Badgastein-Triest gibt Auskunft über den Laufweg des Zuges, dessen Führung auf einen Beschluß der Europäischen Fahrplankonferenz von 1910 zurückgeht. Damals hatte der Österreichische Lloyd einen Luxuszug der Internationalen Schlafwagengesellschaft beantragt, der zwischen Paris und Triest via Tauern verkehren sollte, um bequeme Anschlüsse an die Eildampfer nach und von Ägypten herzustellen. Der Antrag wurde abgelehnt und an Stelle des Luxuszuges ein Schnellzug mit der Bezeichnung "Tauern - Expreß" vereinbart. Er fuhr ab 1. Oktober 1911 dreimal wöchentlich in jeder Richtung und hatte Kurswagen 1./2. KL Paris-München-Salzburg-Triest, Schlafwagen Stuttgart-Triest und Speisewagen Villach - Triest. Im Fahrplan war er als Expreßzug zum Schnellzugfahrpreis ausgewiesen (S 703/704). Ab 1. Mai 1912 verkehrte er aber nicht mehr als selbständiger Zug, sondern wurde durch Zusammenlegung mit den Tauernbahn-Schnellzügen 701/702 in eine tägliche Verbindung zwischen Paris und Triest umgewandelt.

Ein Zug mit dem Namen "Tauern-Expreß" erschien erst wieder 1951 in den Fahrplänen, diesmal jedoch in der Relation Ostende-Belgrad; Kurswagen Paris-Triest hatte er nicht mehr.

Das Werbeplakat für den train direct von 1911 tauchte vor einiger Zeit in Frankreich auf und ging für umgerechnet öS 3500,-/DM 500,- an die Sammlung Jürgen Klein.

Wilhelm Tausche: Werbeplakate für die österreichischen Alpenbahnen
In "Reisen und leben" Heft 22, S. 14-15.
(Holzminden: Ursula Hinrichsen; 1991)
ISSN 0936-627X


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