Reiseleben, Heft 6 / 1983

Kritik

1. Stuttgarter-Antiquariatsmesse 27.-30.1.1983

Sind Antiquariatsmessen einen Besuch wert? Sicherlich läßt sich diese Frage nur subjektiv beantworten, da die Wünsche zu unterschiedlich sind. Aber man kann verschiedene Kriterien zu einer Entscheidung zugrunde legen:

a) Bietet der Verkaufskatalog, der vorher herausgebracht wird, einen Anreiz?

b) Will man auf der Messe nach Büchern suchen, die über die Angaben im Katalog vielleicht angeboten werden könnten?

c) Möchte man in einem persönlichen Gespräch mit Händlern auf seine Wünsche aufmerksam machen?

Unter dem Gesichtspunkt der Reiseführer und Landkarten, die man eventuell finden möchte, bot diese Messe einige gute Ansatzpunkte. Es war aber festzustellen, daß nur sehr hochpreisiges Material angeboten wurde. Sicher sind die Kosten für die Antiquare nicht unerheblich, aber vielleicht gibt es doch die Möglichkeit, auch die PreisMittelklasse auf die Messe mitzunehmen. Die Bewertung und die Preisgestaltung wird immer schwanken, aber für eine Eisenbahnkarte aus dem Jahre 1856 DM 900,-- zu verlangen, wenn man sie auch woanders für DM 250,-- bekommen kann, ist doch zu kraß. Ein Händler bot einen Reiseführer aus der Meyer'schen Serie aus der Anfangszeit an. Diese Reiseführer enthalten Stahlstiche zur Illustration, und werden daher auch entsprechend hoch bewertet (zu Recht?). Auf die Frage nach dem Preis und dem etwas erstaunten Blick des Fragenden wegen des hohen Preises wurde der potentielle Kunde regelrecht verschreckt: Er wurde als Laie, was den Marktpreis angeht, bezeichnet. Der Kunde zog zum nächsten Stand. Eine bekannte Firma aus Lübeck bot einen Reiseführer aus Süddeutschland an, der auch im vollständigen Zustand illustriert ist. Die Kunden sollen allerdings der Auszeichnung nach es nicht merken, daß etwas fehlt. Nachdem der Kunde auf das Fehlende und die fehlerhafte Auszeichnung aufmerksam gemacht wurde, senkte der Händler den Preis um 50%. Hoffentlich sind solche Methoden Ausnahmen.

Ansonsten bietet das Studium des Kataloges, der auf Anforderung vom Verband Deutscher Antiquare zugesandt wird, und ein eventueller Besuch genügend Anreize für die Sammelleidenschaft.

2. Antiquariat Heinemann, Starnberg

Wie oft sind Antiquariate in engen Räumen untergebracht und man wühlt sich durch staubige Berge - immer mit der Hoffnung etwas zu finden. Irgendwann gibt man diese Hoffnung auf, da noch einige Berge durchzuwühlen wären, aber der Rücken tut weh, der Staub kitzelt in der Nase. Am Bahnhof in Starnberg ist in einem Schaukasten Werbung für das Antiquariat angebracht. Hier sollte man sofort hingehen, denn die eben erwähnten Probleme gibt es bei Herrn Heinemann nicht. Im Gegenteil: Das ganze Angebot ist thematisch sehr übersichtlich aufgebaut in Schaukästen (die wertvolleren Stücke) und Regalen und auf Tischen. Sofort beim Eintreten wird man von dieser Übersichtlichkeit eingefangen, und man fängt unwillkürlich an sich erst einmal umzusehen. Dieses ist Verkaufsanregung im besten Sinne. Neben dem Antiquariat veranstaltet Herr Heinemann auch Ausstellungen, die zur Bereicherung dienen. Ansehen ist erwünscht, Beratung und Wissen um den eigenen Bestand tragen zur guten Atmosphäre bei.

3. Auktionen

Wie schon in einer früheren Nummer bei den Auktions-ergebnissen zum Ausdruck gebracht ist der Erwerb von Konvoluten nicht zu empfehlen. Ein konkretes Ereignis bei der letzten Auktion des Hauses Reiss & Auvermann bestätigt diese Empfehlung. Die Auktionsbedingungen erlauben das Unterlassen von Kollationierungen. Reklamationen werden nicht anerkannt, wenn auch die Beschreibung mangelhaft ist.

Kritik
In "Reiseleben" Heft 6, S. 21-22.
(Holzminden: Ursula Hinrichsen; 1983)


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