Reiseleben, Heft 13 / 1986

Rezensionen

von -awh

BAEDEKER: Neuerscheinungen bei den Verlagen Karl Baedeker, Freiburg, und Baedekers Autoführer-Verlag, Ostfildern-Kemnat

5 Stadtführer sind hier vorzustellen: PASSAU in 3.Auflage, WIESBADEN in 3. Auflage, NÜRNBERG in 6. Auflage, GENF in 3. Auflage und last, but not least Der große BERLIN-Band in 25. Auflage.

Am Beispiel des Bandes über NÜRNBERG darf eine äußerliche Veränderung der Städtebände dargestellt werden. Die 5. Auflage umfaßte als "kurzer Stadtführer" 35 S., 4 Karten und Pläne, 7 Grundrisse und 12 Zeichnungen; das sich nun langsam bei allen Auflagen verwirklichende größere Format umfaßt 126 S., 14 Karten und Pläne und 34 Zeichnungen. Sicher lassen sich diese Stadtführer nicht mehr so leicht in die Rocktasche stecken, aber sie sind in einem benutzerfreundlicheren Taschenbuchformat zweckmäßiger. Die praktischen Angaben sind von 3 1/2 auf 10 S. ausgeweitet worden, der Text und die Pläne sind leichter zu lesen (es gibt viele ältere Reisende, die bei zu kleiner Schrift Schwierigkeiten beim Lesen haben). Es ist allerdings nicht zu verstehen, warum auch in dieser neuen Generation der Stadtführer einiges wesentlich kleiner geschrieben wird. Platz ist genug, da er sogar auf einigen Seiten frei bleibt (zusammen ca. 7 1/2 Seiten). Es darf auch vorgeschlagen werden, daß im Registerteil zuerst das Personen-, dann das Sach- und Ortsregister angeordnet wird; ein Reisender sucht immer zuerst das Sachregister. Gefreut hat es mich, daß die berühmten Lebkuchen und der Ausspruch 'Nürnberger Tand geht in alle Land' gegenüber der letzten Auflage aufgenommen wurden - genauso berühmt sind die Nürnberger Zinnfiguren.

Die Städtebände haben eine gute Chance, sich in der Zeit der Reizüberflutung durch nichtssagende, bunte Stadtprospekte bei einem einheitlichen Herstellungskonzept durchzusetzen. Was meine ich damit? Der Leser und Nutzer kann sich an eine Reihe leichter gewöhnen, wenn er weiß, daß er immer die gleiche Einteilung vorfindet. Dieses darf sich aber nicht nur auf die Hauptkapitel beschränken, sondern die Einzelheiten machen es aus. Im Besonderen: 'Praktische Angaben' sind in keiner der vier vorliegenden Bände einheitlich aufgebaut. 'Verkehr' wird bei WIESBADEN unter 'Gesamtbild und Geschichte' eingereiht. Im Band PASSAU fehlt im Inhaltsverzeichnis der Hinweis auf die 'Persönlichkeiten'; diese lesenswerte Rubrik sollte immer unter der gleichen Überschrift zu finden sein. Das vorher erwähnte Personenregister am Ende des Bandes NÜRNBERG befindet sich nicht in den anderen Bänden. Doch genug der Anregungen; die Bände bieten eine Fülle nachzuvollziehender Hinweise für den Stadtreisenden, entweder um sich eine Stadt zu erschließen oder um das Wissen zu vertiefen.

Mit großer Erwartung wurde wieder nach langer Zeit eine Neuauflage des BERLIN-Baedekers erwartet. Der 1. Baedeker über Berlin erschien im Jahre 1878 (nun in der 2. Faksimile-Ausgabe veröffentlicht), die erste Auflage nach dem 2. Weltkrieg im Jahre 1954 als insgesamt 22. Auflage, dazwischen gab es dann noch den kleinen Städteführer von 1933. Es erschienen neben kleinen Führern und Stadtteilausgaben zwei weitere große Reiseführer aus dem Freiburger Verlag, dazu kam ohne Jahresangabe das Konkurrenzprodukt des Baedeker-Allianz-BERLIN (um 1980) heraus. Nun wurde anläßlich des im nächsten Jahre zu feiernden 750. Geburtstags der Stadt Berlin am 11.11.1986 der Presse und dem Publikum 'Der grosse Baedeker BERLIN' als neuer Stadtführer vorgestellt. Der Band umfaßt 511 S. mit 20 Stadtplänen, 27 Sonderplänen und 111 Zeichnungen; er nennt sich im Untertitel: "Das umfassende Standardwerk für Touristen, Geschäftsreisende und Berliner." Ein Vergleich mit älteren Ausgaben oder mit dem Baedeker-Allianz Reiseführer ist von der Aufmachung her bemerkenswert, vom Inhalt her höchstens mit den klassischen Baedekern zu führen. Der Verlag geht äußerlich auf das größere Format der Städteführer, nimmt aber Abschied von dem einfachen roten Umschlag in einer modernen Umschlaggestaltung mit Illustrationen. Bei der Vorstellung wurden deshalb gleich Stimmen laut, die die Abkehr vom bekannten Äußern bedauerten. Ich kann mich allerdings mit dieser äußeren Aufmachung nach einer Gewöhnung anfreunden - die heutige Aufmachung ist lockerer. Nun zum Inhalt: Es fehlt der Stadtplan in drei Streifen, der besonders dem eiligen Geschäftsreisenden eine kompakte Übersicht der Stadt ermöglichen würde. Der Berliner kennt die Einteilung der Stadt, aber nicht der Neuling, der nach Straßenverzeichnis den Plan studieren möchte. Im Gegensatz zu anderen Stadtführern möchte doch der Baedeker eine intensivere Verknüpfung des Inhaltes mit der Ortsangabe erreichen. Der Rezensent versucht anhand eigener Kenntnisse herauszufinden, wie ein Reiseführer zu gebrauchen ist. Dabei stieß ich auf eine Schwierigkeit bei der Suche nach den Bibliotheken oder Archiven anhand des Sachregisters; sie fehlen dort. Dann kenne ich den Märchenbrunnen des bayerischen Bildhauers Ignatius Taschner, ob er auch im Register zu finden ist? Dieses könnte eine Frage eines Touristen sein, der den Werken dieses Bildhauers nachspürt. Unter dem Stichwort 'Märchenbrunnen' steht nichts, aber unter dem Sammelstichwort 'Brunnen'. Der dann auf S. 331 angegebene Brunnen ist aber von einem anderen Künstler gestaltet. Als aufmerksamer Leser suche ich im Register über Ost-Berlin, und ich komme dann zum Ziel. Deshalb eine weitere Anregung: Das Sachregister sollte für West- und Ost-Berlin zusammengefaßt werden. In der Einteilung des Führers läßt sich in Verbindung mit einem Stadtplan schneller das Gewünschte lokalisieren. Die praktische Brauchbarkeit läßt sich - dem Grundprinzip des Ur-Baedekers entsprechend - wesentlich erhöhen. Ansonsten freue ich mich, daß dieser Band endlich erschienen ist; er bietet sehr nachlesenswerte Hinweise zur Veränderung Berlins, zum (sicherlich nicht immer ganz aktuellen) Stand einiger statistischer Angaben, zur unterschiedlichen Entwicklung der beiden Teile in West und Ost und zur gemeinsamen Vorgeschichte. Diese 25. Auflage wird leider nicht auf dem Titelblatt so ausgewiesen (warum nicht?, auch bei den Städtebänden vermisse ich eine Angabe), sie ist es aber würdig, als neuester Band in die Reihe seit 1878 eingefügt zu werden.

Bibliographie:

NÜRNBERG, mit 14 Karten und Plänen und 34 Zeichnungen, 126 S., Freiburg 1986, (6. Auflage), DM 12.80;
PASSAU, mit 13 Karten und Plänen und 35. Zeichnungen, 128 S., Freiburg 1986, (3. Auflage), DM 9.80;
WIESBADEN, mit 13 Karten und Plänen und 46 Zeichnungen, 111 S., Freiburg 1986, (3. Auflage), DM 10.80;
GENF, mit 5 Plänen, 11 Grundrissen und 26 Zeichnungen, 111 S., Freiburg 1986, (3. Auflage), DM 12.80;
DER GROßE BAEDEKER BERLIN, mit 20 Stadtplänen, 27 Sonderplänen und 111 Zeichnungen, Freiburg 1986, (25. Auflage), DM 39.80.

ASIEN, OSTASIEN, SÜDASIEN erschien in diesem Frühjahr in Ostfildern in Baedekers Autoführer-Verlag. Dieser Band ist in seiner Aufmachung und im Standard mit dem USA-Führer vergleichbar. Er erfüllt einen langgehegten Wunsch, einen kompakten deutschsprachigen Reiseführer über ganz Asien herauszugeben. Als INDIEN im Jahre 1914. erschien, waren allerdings noch ganz andere Reisemittel genutzt worden: damals reiste man mit dem Schiff, heute mit dem Flugzeug. Auf diese Bedürfnisse ist dieser Band so abgestellt, daß er als guter Begleiter zum Reisegepäck dazugehören sollte. Die klare Gliederung und die Übersichtlichkeit, die durch die graphische Gestaltung und den sauberen Druck unterstrichen wird, geben einen hohen Nutzen zur Vorbereitung einer Reise und während der Reise. Der erfahrene Reisende wird sich noch anderer Führer bedienen, aber auch er kann schnell nachschlagen, wenn er sich informieren will. Daß der alte Baedeker über INDIEN unter den Literaturangaben noch Erwähnung findet, zeigt die Verbundenheit des heutigen Buches und deren Autoren zur vorher geleisteten Arbeit.

Bibliographie: ASIEN, OSTASIEN, SÜDASIEN, 1104 S., 163 Abb., 123 Karten, Pläne u. Grundrisse, 1.A., Ostfildern 1986, DM 75.00.

awh: Rezensionen
In "Reiseleben" Heft 13, S. 9-11.
(Holzminden: Ursula Hinrichsen; 1986)
ISBN 3-922293-11-5

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T.C.I. - der italienische Baedeker

Table of contents

3. Baedeker-Symposium

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