Reisen und leben, Heft 16 / 1988

Hotel- und Reiseratgeber für Behinderte

In Heft 15 berichteten wir von einer Auswertung einer Umfrage über Seniorenreisen. Dieses Mal geben wir mit freundlicher Genehmigung der Zeitschrift "Weg & Fähre" einen Aufsatz wieder, der sich mit Reisen Behinderter befaßt.

Rollstuhlfahrer und andere Behinderte finden im neuen Hotel- und Reiseratgeber "Handicapped-Reisen 1988/89" (4. aktualisierte und erweiterte Ausgabe) über 1.100 Hotels, Pensionen und Ferienhäuser in Deutschland, Österreich, Schweiz, Holland, Spanien, Italien und 60 anderen Ländern. Detaillierte Informationen über Türbreiten, eventuell vorhandene Stufen, Größe der Badezimmer und Aufzüge, Anschriften, Preise und eine genaue Beschreibung der Ferienunterkünfte geben den Behinderten wichtige Tips für die Urlaubsplanung.

Über 100 konkrete Urlaubsangebote von Reiseveranstaltern, Vereinen und gemeinnützigen Organisationen, die Reisen gemeinsam mit Behinderten und Nichtbehinderten anbieten, werden in diesem Ratgeber ebenso beschrieben wie behindertengerechte Kuren und Feriendialysemöglichkeiten für Nierenkranke. Nützliche Adressen von in- und ausländischen Fremdenverkehrsämtern, ein Verzeichnis rollstuhlgeeigneter, ADAC-geprüfter Campingplätze in Deutschland und Europa sowie zahlreiche Häuser, in denen auch Gruppen mit Behinderten willkommen sind, vervollständigen diesen Ratgeber.

Im Jahre 1983 wollte der heutige Projektleiter und Herausgeber von "Handicapped-Reisen", Yvo Escales, mit einem Freund, der an den Rollstuhl gebunden ist, eine Urlaubsreise durchführen. Doch weder Reisebüros noch Reiseveranstalter oder Fremdenverkehrsämter waren in der Lage, Auskünfte über rollstuhlgerechte Feriendomizile im sonnigen Süden zu erteilen. Nach dieser Erfahrung beschloß Escales, selbst Untersuchungen über behindertengerechte Unterkünfte und Reisen durchzuführen. Das Projekt "Handicapped-Reisen" wurde ins Leben gerufen.

Seither wurden von der FMG GmbH unter der Leitung von Escales etwa 14.000 Beherbergungsbetriebe weltweit befragt. Innerhalb Deutschlands waren es über 400 Reiseveranstalter, Vereine, Verbände, kirchliche und andere gemeinnützige Einrichtungen, die nach behindertengerechten Reiseangeboten befragt wurden.

Ein heikles Thema ist nach wie vor die Akzeptanz von Behinderten seitens vieler Reiseveranstalter, Hoteliers und vor allem seitens der Nichtbehinderten selbst. Hoteliers fürchten das Ausbleiben ihrer nichtbehinderten Stammgäste in der nächsten Urlaubssaison, wenn sich Gäste durch die Anwesenheit einer Gruppe von Behinderten gestört fühlen. Das berühmte "Frankfurter Urteil" und die daraus abgeleiteten Interpretationen sind nicht besser und nicht schlechter als die Einstellung der nichtbehinderten Touristen gegenüber behinderten Erholungssuchenden: Wenn Behinderte, vor allem in Gruppen, im gleichen Urlaubshotel anwesend sind, sehen so manche Nichtbehinderte ihre Urlaubsfreuden getrübt.

Allerdings wollen auch die meisten Behinderten und ihre Familien ihren Urlaub nicht in einer Ferienanlage verbringen, in der sie überwiegend mit anderen Behinderten zusammenkommen.

Der Schwerpunkt von "Handicapped-Reisen" liegt daher in der Beschreibung von Feriendomizilen, die sich nicht etwa nur auf behinderte Urlaubsgäste "spezialisiert" haben, sondern die Behinderte wie Nichtbehinderte gleichermaßen willkommen heißen und deren bauliche Gegebenheiten (Überbrückung von Stufen und Rampen, ausreichend breite Türen etc.) auch Behinderten einen Urlaubsaufenthalt ermöglichen.

Damit von großen und kleinen Reiseveranstaltern mehr behindertengerechte Urlaubsangebote geschaffen werden können, wäre eine Grundlagenuntersuchung über Motive und Bedürfnisse von Behinderten im Urlaub dringend erforderlich.

Außerdem müssen bei Neu- und Umbauten von Beherbergungsbetrieben die Anforderungen von Behinderten stärker berücksichtigt werden, was bei einer rechtzeitigen Bauplanung nicht unbedingt mit Mehrkosten verbunden sein muß. Es bedarf einiger Anstöße seitens der Interessenverbände der Behinderten an den Gesetzgeber, um machbare Forderungen in die Realität umzusetzen. Der schrittweise Ausbau behindertengerechter Urlaubsangebote ist realisierbar. Und wenn alle Reiseveranstalter bereit sind, diese in ihren Katalogen auch entsprechend zu beschreiben, wird der Reiseratgeber "Handicapped-Reisen" eines Tages nicht mehr erforderlich sein. Dies ist - mag es auch ein Paradoxon sein - ebenfalls das Ziel des Herausgebers von "Handicapped-Reisen".

Dieser Führer ist erhältlich beim FMG-Verlag, Postfach 1547, 5300 Bonn 1. Tel. 0228/616133. 528 S., 205 Abb., Preis DM 38.--.

Anmerkung der Redaktion:

Es sind nicht nur die Hotels, Pensionen und Gasthäuser, die auch von behinderten Urlaubern aufgesucht werden. Die Sehenswürdigkeiten, Museen und Veranstaltungen sind genauso in die Überlegungen einzubeziehen.

Ursula Hinrichsen: Hotel- und Reiseratgeber für Behinderte
In "Reisen und leben" Heft 16, S. 29-30.
(Holzminden: Ursula Hinrichsen; 1988)
ISBN 3-922293-16-6


5. Lernbörse ReisenTable of contentsRezensionen

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