Reisen und leben, Heft 22 / 1991

Baedekeriana

Das Antiquariat Peter Weber in Köln hat der Redaktion ein Anzeigenblatt des Verlages Karl Baedeker von 1901 zur Verfügung gestellt. Damit zeigt sich, daß der Verlag doch wesentlich mehr Werbung betrieben hat, als noch vor einiger Zeit bekannt war. Der auf S. 82 der neuen Bibliographie abgebildete mehrseitige Verkaufsprospekt von 1914 ist auch schon mit der Jahreszahl 1913 erschienen.

In diesem Heft sind Berichtigungen und Ergänzungen für die neue Bibliographie aufgeführt. Einige Sammler haben den Verlag auf ergänzende bzw. berichtigende Angaben hingewiesen; dafür sei hier gedankt. Bisher war dem Autor nicht bekannt, daß die Shell-Autoführer für Deutschland auch in französischer Übersetzung erschienen sind. Herr Eike Eitzen legte der Redaktion die französische Übersetzung von G 21 vor, die mit folgender Ordnungsnummer nun geführt wird:

G 101 Rhin et Moselle (1.)/1953.

Die Rücksprache mit dem Redaktionsbüro von Baedeker in Ostfildern ergab, daß noch ein oder zwei weitere Übersetzungen erschienen sein könnten. Soweit wir genauere Angaben haben, werden wir dieses mitteilen.

Vor kurzem konnte ein ausführliches Gespräch mit Herrn Gerald Sawade geführt werden, der im Baedeker-Autoführer-Verlag als Redakteur von 1953-1977 tätig war. Er begann seine Arbeit unter Oskar Steinheil (erste größere Arbeiten: Autoführer 1938 und 1939, Generalgouvernement 1943); er war für verschiedene Autoreiseführer und Kompaktreiseführer zuständig. Herr Sawade gab der Redaktion zwei Sonderdrucke, die vom Autoführer-Verlag im Format der Autoführer hergestellt wurden:

T 4 Elsass (Vogesen) 8 Seiten, 1958

T 5 Konstanz - St. Gallen - Appenzell, 8 Seiten, 1960

Diese Sonderdrucke waren für Tagungen der württembergischen Buchhändler hergestellt worden.

Ein neuer kleinerer Reiseführer wird unter folgender bibliographischen Kennziffer geführt:

B 161 Elbekreuzfahrt und Panorama. -

Dieses ist eine Sonderveröffentlichung für die Köln-Düsseldorfer, erschienen 1991, die nur an Fahrgäste ausgegeben wird. Eine inhaltlich erweiterte Ausführung wird als Verlagsprodukt demnächst angeboten werden.

Auf Seite 31 der Bibliographie ist das bei 1865 erschienene Buch "Das Hochgebirge von Grindelwald" beschrieben. Es war der 2. Band, der über Schweizer Bergbesteigungen von Karl Baedeker veröffentlicht worden war (siehe dazu auch S 30a auf 237 der Bibliographie).

Besonders hervorgehoben wurde die Arbeit vom Kartographen Rudolf Leuzinger, der eine hervorragende Arbeit für den Baedeker Verlag geliefert hat. In nun einem gefundenen Aufsatz über den Kartographen im Jahrbuch des Schweizer Alpenclub von 1895 ist eine ausführliche Lebensbeschreibung zu Leuzinger enthalten. Er war schon 1847 in Berlin gewesen, um mit seinem Lehrmeister Ziegler wegen eines geplanten Atlas sich mit deutschen Geographen zu besprechen. Er kam 1861 nach Bern, wo er seit 1863 durch die Gründung des Schweizer Alpenclub für diese Institution arbeitete. Es wird in diesem Aufsatz bestätigt, daß Leuzinger der Erfinder der sogenannten Reliefkarten über die Nutzung des lithographischen Farbendrucks war. Die Karte im Baedekerschen Buch von 1865 verdient also besondere Beachtung. Das Titelbild in der Originalbroschur ist von A. Weich gezeichnet und von der Fa. Buri und Jeker gestochen. Wie jetzt festgestellt werden konnte, handelt es sich um die gleichen Autoren wie bei den Umschlagillustrationen der Jahrbücher des Alpenclubs aus den ersten Jahren. Uns liegt z.B. die Originalillustration von 1874 vor. Damit zeigt sich eine weitere Verflechtung der Zusammenarbeit zwischen Karl Baedeker II und dem Schweizer Alpenclub.

Carl Küchler war Autor für die Beschreibung von Island in den Baedeker Reisehandbüchern ab 1906. Wie uns ein aufmerksamer Leser (wer war es? Ich habe leider das Anschreiben verlegt) von REISEN & LEBEN mitteilte, hat Carl Küchler in seinem Buch "Unter der Mitternachtssonne durch die Vulkan- und Gletscherwelt Islands", erschienen 1906 bei Abel und Müller in Leipzig, vom Verlag Karl Baedeker den Auftrag bekommen, Island zu beschreiben.

Aus dem Vorwort darf folgendes zitiert werden.

"Als mir im Frühjahre 1905 von der weltbekannten Firma "Karl Baedeker" in Leipzig der ehrenvolle Auftrag wurde, den ersten deutschen Reiseführer über Island zu schreiben und zu diesem Zwecke denjenigen Teil der weltfernen Polarinsel, der zunächst nur für Vergnügungsreise in Betracht kommen kann, eingehender zu bereisen, hätte ich mir selbst nicht träumen lassen, daß ich in der isländischen Wildnis draußen soviel Interessantes erleben könnte, daß es sich verlohnen würde, darüber außer dem kurzen Abrisse für den "Baedeker" noch ein ganzes Buch zu schreiben."

Wie aus dem Vorwort weiter zu erfahren ist, hatte die Hamburg-Amerika-Linie seit 1905 allsommerliche Vergnügungsfahrten nach Island eingerichtet; dieses könnte für den Verlag Karl Baedeker der Grund gewesen sein, seinen Skandinavien-Reiseführer zu erweitern.

Kolorierte Ausgaben

Aufgrund der Nachfrage eines Sammlers und der Versteigerung eines Städteführers, der mit handkolorierten Ansichten versehen ist, können folgende Briefe in Abschrift Aufschluß über handkolorierte Städteführer geben (Für die Zurverfügungstellung bin ich Herrn Kurt Eitner sehr dankbar, die Handkolorierung hatte Herr Gronwald vorgenommen):

Abschrift

Bonn, den 29. November 1951 Bundesrepublik Deutschland Der Bundeskanzler O-K-20. 158/51

Herrn
Karl Baedeker
Malente - Gremsmühlen Auf der Kanzel 12

Sehr geehrter Herr Baedeker!

Ich danke Ihnen herzlich für die freundliche Übersendung der schönen handkolorierten Ausgabe Ihres neuesten Reiseführers durch London. Ich werde mich sicher gern von ihm bei meiner Reise nach England beraten lassen.

Weiterhin begrüße ich auch Ihre Absicht, im nächsten Jahr einen Band "Köln und der Rhein" neu herauszugeben. Ich wünsche, dass die alte Firma Baedeker hoffentlich wieder zu dem früheren Ansehen und Verbreitung gelangt.

In vorzüglicher Hochachtung
Unterschrift (Adenauer)

Abschrift

Köln, den 6.12.53

Sehr verehrter Herr Baedeker!

Lassen Sie mich Ihnen herzlich danken für die Dedizierung des neuen Bandes "Köln und das Rheinland"! Sie haben mir damit und mit der Kolorierung der Dombildchen eine große Freude gemacht, mehr aber noch mit der liebevollen und bis auf die neueste Zeit sachkundig durchgeführten Behandlung des Stoffes. Ich freute mich besonders, daß das Kölner Domfest von 1948 mehrfach Erwähnung gefunden hat. Als ich die vielen Doppelsterne beim Dom fand, ist mir dessen Bedeutung fast erschreckend zum Bewußtsein gekommen, und ich wurde an ein inneres Erlebnis erinnert, als ich im Jahre 1942 bei einem feierlichen Einzug in den damals noch unbeschädigten Dom glaubte in den Boden versinken zu sollen bei dem Gedanken, daß ich nun der Bischof dieses Domes sein sollte.

Wenn es erlaubt ist, darf ich auf eine Ungenauigkeit aufmerksam machen: S. 126 St. Andreas ist nicht die alte Kirche des Dominikanerklosters, sondern es war Kollegiatstift, wahrscheinlich von Erzbischof Bruno 1. gegründet. 1803 kamen die Gebeine des sel. Albertus magnus nach hier. Das war der Anlaß, daß nach 1945 die Dominikaner sich erboten, die Kirche wieder aufzubauen, und ich Ihnen die Kirche und Pfarrei zur Verwaltung übertrag (ohne daß eine Inkorporation erfolgte).

Eine Anregung: hätte nicht auch St. Severin wegen seiner historischen und künstlerischen Bedeutung und namentlich wegen der Ausgrabungen ein Sternchen verdient?

Nochmals vielen Dank! Wann kommt der Baedeker für die Schweiz?

Ein alter Verehrer von Baedekers Reisehandbücher, der kaum etwas so bedauert als den Verlust einer ganzen Sammlung 1943 beim Brand des Palais'.

Ihr sehr ergebener
Jos. Card. Frings, Erzb. v. Köln

Baedekeriana
In "Reisen und leben" Heft 22, S. 20-24.
(Holzminden: Ursula Hinrichsen; 1991)
ISSN 0936-627X


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